Die Mysterien des Christentums

Als junger Seminarprofessor veröffentlichte Matthias Joseph Scheeben (1835–1888) im Jahr 1865, also vor 150 Jahren, sein 800 seitiges Werk „Die Mysterien des Christentums“. Bis zum II. Vatikanischen Konzil gehörten die „Mysterien“ im 20. Jahrhundert zu den Klassikern des Theologiestudiums. „Wer hätte sie nicht gekauft – und doch nie (ganz) gelesen?“ (Eugen Paul). Es ist keine einfache Lektüre; ging es dem jungen Kölner Diözesanpriester und Professor am Kölner Priesterseminar doch um nicht weniger als um eine systematische Darstellung aller katholischen Glaubenswahrheiten in ihrem inneren Zusammenhang und ihrer Stimmigkeit.

Seine theologische Ausbildung hatte Scheeben an der Gregoriana in Rom erhalten, wo man besonderen Wert auf die (griechischen) Kirchenväter legte. Scheeben entwickelte aber darüber hinaus eine Art „romantische Theologie“ eigener Prägung, auch vermittelt durch den Tübinger Johann Adam Möhler (1796–1838). Seine fünfbändige „Dogmatik“ konnte er nicht mehr vollenden, da er bereits mit 53 Jahren verstarb. Zu diesem Zeitpunkt war er nur Fachleuten bekannt. Erst als er im 20. Jahrhundert von der liturgischen Bewegung als Erneuerer des sakramentalen Denkens entdeckt wurde, setzte sein internationaler Ruhm ein. Rezipiert wurde er auch in Russland als gleichsam letzter Vertreter einer ‚orthodoxen’ Theologie im Westen.

Scheebens theologische Erkenntnislehre setzte bei der sichtbaren Kirche als Vermittlerin der Offenbarung Gottes an. Für das Verhältnis von Theologie und Philosophie bzw. Glaube und Vernunft verwendete er das Bild der ‚Vermählung’ von Bräutigam und Braut bzw. der zwei Naturen in Christus (Gottheit und Menschheit). Glauben verstand er als ganzmenschlichen Akt der Hingabe an die umfassende Lebensäußerung des sich offenbarenden Gottes. Nach einer Phase des ‚Vergessens’ gewinnen Scheebens theologische Synthesen inzwischen wieder neu an Aktualität. Die Tagung will das Zukunftspotential seiner Glaubensschau eruieren, auch als Anfrage an die heutige Theologie.