| Interreligiöser Dialog
Interreligiöser Dialog

Der Geschmack der Religion

Das Interesse am Sufismus, der gelebten islamischen Mystik, ist offenbar groß, auch auf praktisch-spiritueller Ebene. An der zweiten Akademie-Veranstaltung des Jahres nahmen 80 Personen teil.

von Theresa Beilschmidt und Christian Ströbele

Der Sufismus, die islamische Mystik, bietet eine Vielfalt interreligiöser Anknüpfungen, nicht nur auf einer theologischen Reflexionsebene, sondern gerade auch auf der praktisch-spirituellen Ebene. Schließlich wird der Sufismus in vielfältigen Formen in Deutschland gelebt. Einen Eindruck davon gab ein Abendgespräch, das die Akademie  zusammen mit der Stiftung Weltethos am 25. April in Weingarten organisiert hat.

Zunächst führte Prof. Dr. Tobias Specker SJ von der Universität St. Georgen in Frankfurt am Main das Publikum von rund 80 analog und digital Teilnehmenden in den Themenkomplex ein. Er schilderte aus der Perspektive einer christlichen Annäherung zunächst Grundlagen des Sufismus und mögliche interreligiöse Gesprächspunkte. Danach schilderte Feride Funda G.-Gençaslan, Vorsitzende des Sufi-Zentrums Rabbaniyya (Eigeltingen-Reute), Aspekte der gelebten Mystik im Alltag. Die Veranstaltung bot also eine Mischung aus Außen- und Innenperspektive, aus wissenschaftlicher Einordnung und gelebtem Sufismus.

Durch die Betrachtung des Sufismus aus christlicher Perspektive, das Finden von Gemeinsamkeiten und das Herausstellen von Unterschieden wurde dem Publikum eine Brücke zum oftmals vielleicht fremd und fern empfundenen Sufismus geschlagen. Die authentischen Erzählungen von Feride Funda G.-Gençaslan aus dem Leben der Gemeinschaft in Eigeltingen erläuterten anschaulich die Bedeutung der inneren Einkehr im Sufismus. Sie betonte, wie wichtig es sei, den „Geschmack“ einer Religion zu kennen und nicht nur über diese zu schreiben oder sprechen.

Ein weiteres Thema war der interreligiöse Dialog, insbesondere im Kontext von so drängenden Herausforderungen wie der Klimagerechtigkeit. Hier sahen beide Referent:innen eine besondere Verantwortung von Religionsgemeinschaften und die Chancen eines gemeinsamen Tuns.

Diesen Themenstrang soll auch eine Kooperationsveranstaltung am 26. Juni 2023 in Tübingen vertiefen, bei der Feride Funda G.-Gençaslan, die auch bei der Initiative GreenFaith engagiert ist, zu Fragen von „Klimagerechtigkeit und Religion“ zusammen mit Khushwant Singh spricht, einem Vertreter der Sikh-Religion, der das Sekretariat der Internationalen Partnerschaft zu Religion und nachhaltiger Entwicklung (PaRD) leitet. Den Bericht hierzu lesen Sie im nächsten Newsletter.

Die rege Teilnahme an dieser Sufismus-Veranstaltung in Weingarten hat gezeigt, dass es ein großes Interesse nicht nur am Sufismus gibt, dem sich schon zuvor auch eine Kooperationsveranstaltung zwischen Akademie und Stiftung Weltethos zu Strukturen des Sufismus in Deutschland im Februar 2023 ausführlicher gewidmet hatte.

Darüber hinaus gibt es einen wachsenden Wunsch nach Information über kleinere Religionsgemeinschaften und Strömungen größerer Religionen. Auch im kommenden Jahr soll daher eine Minderheit im Islam näher beleuchtet und Einblicke in das Alltagsleben gewährt werden: Am 6. Februar 2024 dreht sich im Tagungshaus Stuttgart-Hohenheim alles um den liberalen Islam.

 

Theresa Beilschmidt, Stiftung Weltethos

Christian Ströbele, Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart

 

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