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Ökumenisch-kultureller Studientag

Der Kleine Bruder, Edition 2023

Faszination Franziskus: Kirchen und Staatsoper gingen parallel zur Neuproduktion von Olivier Messiaens Oper „Saint François d’Assise“ der Bedeutung des „Kleinen Bruders“ für unsere Zeit nach.

Von Ilonka Czerny

Gleich sieben katholische und evangelische Bildungseinrichtungen nahmen die Neuproduktion  von Olivier Messiaens Oper „Saint François d’Assise“ zum Anlass, gemeinsam mit der Staatsoper Stuttgart einen interdisziplinären Studientag zu veranstalten. Dieser fand an Christi Himmelfahrt unter dem Titel „Faszination Franziskus“ statt.

Franz von Assisi ist eine der herausragenden Persönlichkeiten des Mittelalters. Sein Lebensstil und seine Botschaft bereichern die christliche Spiritualität um eine neue Verbundenheit mit allem Lebendigen. Sein Armuts- und Freiheitsideal wie seine Poesie zeigen ihre Wirkung bis heute in Religion und Literatur, in Musik, Malerei und Ethik.

Zunächst gab der Kirchenhistoriker Prof. Dr. Volker Leppin, der an der Yale Divinity School lehrt und 2018 ein Buch mit dem lapidaren Titel „Franziskus. Der Heilige aus Assisi“ publizierte, einen hervorragenden Einblick in Leben und Wirken des beliebten Heiligen. Leppin beleuchtete den „Kleinen Bruder" als Ausnahmepersönlichkeit aus neuer Perspektive, indem er die differenzierten und komplexen Beziehungsgefüge zu Familie, Weggefährt:innen, Kirche und Gesellschaft in den Blick nahm und nicht ausschließlich chronologisch bearbeitete.

Zwischen Kunst und Alltag

Anschließend konnten sich die über 80 Teilnehmer:innen in vier parallellen Workshops informieren und dieser „Faszination Franziskus“ nachspüren. Zwei der vier Workshops wurden wiederholt, um weiteren Interessierten die Teilnahme zu ermöglichen. Franziskanerinnen gaben Einblicke in ihren Lebensalltag und kamen mit den Besucher:innen dazu ins Gespräch. In zwei Workshops, die von Mitarbeitenden der Oper durchgeführt wurden, konnten Rezipienten mehr über Komposition und Inszenierung der Oper erfahren, die am 11. Juni Premiere hatte.

Dr. Ilonka Czerny, Leiterin des Fachbereichs Kunst an der Akademie, leitete einen weiteren Workshop mit dem Titel „Der Kleine Bruder als großer Kunststar“ und ging in einem Impulsvortrag auf die vielfältigen Franziskus-Darstellungen in der Bildenden Kunst ein. Danach konnten sich die Teilnehmenden einen Darstellungstypus aus einem Abbildungskonvolut auswählen und die Auswahl nach Wunsch in der Gruppe erläutern. Abschließend wurde unter Zuhilfenahme eines KI-Programms ein „neuer“ Franziskus generiert. Den Computer regten die Anwesenden mit folgenden Begriffe an: Franz von Assisi, Armut, Jeans, Vögel, berührt, Gefahr, Natur, Kälte, Einsamkeit, Vision. Ein Ergebnis davon zeigt die dem Artikel beigefügte Abbildung. Zeitgenössischer könnte der Mann aus dem Mittelalter nicht dargestellt werden. Sein Äußeres ist ungewöhnlich kühl ausgefallen; die inneren ethischen und sozialen Werte und die Vorbildfunktion des Heiligen haben darunter hoffentlich nicht gelitten...

Wie Künstliche Intelligenz heute den Heiligen Franziskus sieht...
Und hier das Vollformat, von der KI gebildet nach den Schlüsselbegriffen des heutigen, menschlichen Publikums.