| Kirche und Gesellschaft

Ein neuer Umgang mit allen, die sich lieben

Wie steht es um die gelebte Diversität in den Kirchengemeinden, in der Diözese, im Personalmanagement der Kirche? Diesen Fragen widmete sich das Akademie-Format „Nachgefragt“.

Von Elena Winterhalter

Im Januar haben 125 Menschen, die für die katholische Kirche in Deutschland tätig sind, mit der Initiative „Out in Church“ ihr gemeinsames Coming-out als lesbisch, schwul, bisexuell, transgender, intergeschlechtlich oder nichtbinär erklärt. Seitdem wurde viel diskutiert, reagiert, eingeordnet. Aber ist genug passiert? Wie steht es um die gelebte Diversität in den Kirchengemeinden, in der Diözese, im Personalmanagement der Kirche? Diesen Fragen widmete sich das Akademie-Format „Nachgefragt“ unter dem Titel „Hilft uns der Synodale Weg aus der Krise? Ein neuer Umgang mit allen, die sich lieben und ihre Liebe leben wollen“.

„Es braucht noch einen viel wärmeren Wind, damit sich Menschen wertgeschätzt fühlen”, konstatiert Matthias Burr, Pfarrer und Klinikseelsorger in Ludwigsburg, Mitinitiator der Bewegung „Out in Church“. Für ihn und seinen Priester-Kollegen Sebastian Spitznagel, zeigt sich echte Wertschätzung und Enttabuisierung der sexuellen Gesinnung im kirchlichen Umfeld nicht allein mit dem Versprechen von Unterstützung. „Wir sind gebrannte Kinder, was dieses Thema angeht“, erklärt Spitznagel, Pfarrer in Marbach am Neckar und Sprecher der schwulen Priestergruppe in der Diözese: „Viele positive Meldungen nehmen wir als verharmlosend wahr, als Versuch, Luft rauszunehmen.“ Eine Duldung queerer Mitarbeitender durch die katholische Kirche etwa, sei „immer noch Diskriminierung“, betont der 64-Jährige: „Wir brauchen die Veränderung im Arbeitsrecht Schwarz auf Weiß, wir brauchen Rechtssicherheit.“

Großer Wurf oder neue Unsicherheiten?

Die überarbeitete Version einer neuen Grundordnung des kirchlichen Dienstes, welche die Deutsche Bischofskonferenz kürzlich veröffentlicht hat, geht beiden Pfarrern nicht weit genug, wie sie bei der Abendveranstaltung der Akademie unterstreichen. Zwar stimme die Richtung, allerdings sei die Geschlechtsidentität nicht ausdrücklich berücksichtigt. Dies schaffe ebenso wie die schwammigen Formulierungen zum „christlichen Menschenbild“ und „kirchenfeindlichem Verhalten“ neue Unsicherheiten für queere Mitarbeitende.

Für Domkapitular Holger Winterholer, der die Hauptabteilung Pastorales Personal im Bischöflichen Ordinariat gemeinsam mit Regina Seneca leitet, haben sich seit dem Outing mit dem Film „Out In Church“ durchaus „beachtliche Diskussionen“ entwickelt. Seine Kollegin Regina Seneca spürt ein Aufatmen bei den Mitarbeiter:innen: „Ich habe Sätze gehört wie: ,Endlich muss ich keine Angst mehr haben, in der Diözese denunziert zu werden.' Ja, dieses Wort fiel.“ Sie sieht den aktuellen Entwurf zur Grundverordnung des kirchlichen Dienstes als Paradigmenwechsel: „Wir als Arbeitgeber sind verantwortlich, ein entsprechendes Umfeld zu schaffen. Dafür lasse ich mich gerne in die Pflicht nehmen.“