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Zum Tod von Prof. Dr. Günther Bien

„Geist in Welt“

Er war ein großer Freund der Akademie und langjähriger Vorsitzender in Kuratorium und Förderverein: Der Philosophiehistoriker Prof. Dr. Günther Bien. Ein Nachruf.

Von Paul Kreiner

Im Alter von 87 Jahren ist Prof. Dr. Günther Bien gestorben, Philosoph und Philosophiehistoriker, Mitherausgeber des Historischen Wörterbuches der Philosophie, Professor an der Uni Stuttgart, in Ulm und Berlin – und ein großer Freund der Akademie. 1990 von Bischof Dr. Walter Kasper in deren Kuratorium berufen, wurde er dort zwei Jahre später Vorsitzender und auf diese Weise das direkte Gegenüber des damaligen Akademiedirektors und späteren Bischofs von Rottenburg-Stuttgart, Dr. Gebhard Fürst.

Zu den Höhepunkten beider Amtszeit gehörte im Jahr 2000 die Verleihung des Aleksandr-Men-Preises an den früheren sowjetischen Staatspräsidenten Michail S. Gorbatschow im Juni 2000, an der mehr als 800 Menschen teilnahmen. Der Preis, den Fürst maßgeblich mitinitiiert hatte, erinnerte an den russisch-orthodoxen Religionsphilosophen und Theologen Aleksandr Men (1935-1990) und wurde „für interkulturelle Vermittlung zwischen Russland und Deutschland im Interesse des friedlichen und humanen Aufbaus des Europäischen Hauses" verliehen.

Professor Bien wirkte auch an Veranstaltungen der Akademie mit, der seine wissenschaftliche Reputation sowohl inhaltlich als auch für die Außenwerbung zugute kam. Darüber hinaus betätigte sich Bien als „Geburtshelfer" für den Verein der Freunde und Förderer der Akademie, dem er seit der Gründung 1995 bis 2002 ebenfalls vorstand.

Bei Biens Verabschiedung aus dem Vorsitz des Kuratoriums 2005 sagte der damalige Akademiedirektor Dr. Abraham P. Kustermann: „Die 13 Jahre Ihrer Amtszeit summieren keine Unglückszahl, sondern in direkter Entsprechung zu einem Ihrer philosophischen Hauptthemen – Glück – Jahre eines kommunikativen, inspirierenden und förderlichen Miteinanders." Bien sei unter anderem „ein Meister der discretio, der Unterscheidung der Geister" gewesen: instinktsicher, wo Wahlmöglichkeiten eher irritierten, feinsinnig, wo zu unterscheiden war, hilfreich, wenn Ihr Rat gefragt war." Und an „persönlicher Erfahrung" fügte Kustermann hinzu: „Ich habe Sie und die Zusammenarbeit mit Ihnen immer angenehm erlebt: anregend, kultiviert, ja nobel. Begegnungen, selbst eine Autofahrt mit Ihnen, waren eine Lust, wenn Sie in Ihre humanistisch-philosophische Schatztruhe griffen, Gedanken daraus aufblitzen ließen und die Worte zu sprühen begannen! Dann war direkt zu spüren: der „Geist in Welt“ ist noch nicht ausgelöscht."

 

Die Rede Professor Biens bei der Verleihung des Aleksandr-Men-Preises können Sie hier nachlesen.

Prof. Bien bei der Verleihung des Aleksandr-Men-Preises an Michail S. Gorbatschow im Juni 2000. Im Hintergrund der frühere deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher, der die Laudatio hielt.