| Interdisziplinäre Hexenforschung
Interdisziplinäre Hexenforschung

Magische Lachkulturen

Anders als zu vermuten, waren Teufel, Magie, Hexerei nicht nur mit Angst, sondern auch eng mit dem Lachen verflochten. Aber was gab's da zu lachen? Und lachten nur die Verfolger?

von Anne Diblik

Wann wurde worüber in welcher Art und Weise im Kontext von Magie und Hexerei gelacht? Mit welcher Absicht? Wie wurde dieses Lachen interpretiert? Woher wissen wir überhaupt von diesem Lachen? Auf der 54. Tagung des Arbeitskreises interdisziplinäre Hexenforschung (AKIH), welche von Rita Voltmer organisiert und in Kooperation mit der DFG* veranstaltet worden war, diskutierten internationale Forscher:innen an der Akademie in Weingarten über die verschiedenen Formen und Funktionen des Lachens in Hexereidiskursen von der Spätantike bis zur Gegenwart.

Neuland für die Forschung

Die Tagung erschloss, wie Rita Voltmer einführend betonte, interdisziplinäres Neuland. Das Thema hat bisher in der Hexenforschung eher weniger Beachtung gefunden, wenngleich mitunter ein Fokus gelegt worden ist auf das im Rahmen des Gerichtsprozesses als Schuldeingeständnis gedeutete Lachen der vermeintlichen Hexe, das sich in den Akten finden lässt. Sowohl Walter Rummel als auch Gergely Brandl zeigten in ihren Vorträgen zu den dörflichen Hexenverfolgungen an Rhein, Mosel und in der Eifel (Rummel) sowie den ungarischen Hexenverfolgungen (Brandl) die vielschichtigen Bedeutungen des Lachens im Kontext von Verfolgungen. Beide Forscher identifizierten verschiedene Arten des Lachens, welches von Gelächter über Witz bis hin zu Spott reichen konnte.

Darüber hinaus lachten und spotteten keineswegs nur die wegen Hexerei angeklagte Personen, sondern auch die Verfolger, Zeug:innen und Angehörigen des Prozessopfers. Lachen diente neben der Markierung der vermeintlichen Hexe vor allem der Bewältigung, dem Angriff bzw. Widerstand und dem Ausdruck von Kritik und Zweifeln.

Spannungsfeld zwischen Glauben, Ablehnung, Angst und Unterhaltung

Neben diesem Lachen im unmittelbaren Zusammenhang mit den Hexenverfolgungen untersuchten die interdisziplinären Forscher:innen Lachen, Satire, Spott und Ironie im Kontext von Hexerei, Magie und Teufelsdarstellungen in Literatur, Theater, Sagen, (anti-)dämonologischen Werken und bildlichen Darstellungen. Die Beiträge zeigten, dass der Glaube an Magie, Hexerei und den Teufel keinesfalls die gleichzeitige Belustigung über diesen Glauben ausschloss. Es bestand vielmehr ein Spannungsfeld zwischen Glauben, Ablehnung, Angst und Unterhaltung, wo verschiedene Formen des Lachens unterschiedlichste Funktionen einnahmen. So konnte Lachen beispielsweise zur Entlastung und der Bewältigung von Furcht, als Waffe oder zur Identitätsstiftung im Sinne von „Lachgemeinschaften“ eingesetzt werden. Im Kampf gegen die Hexenverfolgung schließlich spielte das satirische Verächtlichmachen des Hexen- und Aberglaubens eine zentrale Rolle.

Nächstes Jahr feiert der Arbeitskreis sein vierzigjähriges Bestehen. Die Jubiläumstagung findet vom 15. bis 18. Oktober 2025 in Weingarten statt und steht voraussichtlich unter dem Motto „Verschwörung, Widerstand, Macht – Hexenforschung revisited“.

 

*) Hier geht es um das im Rahmen der Forschungsgruppe 2539 (Universität Trier) geförderte Projekt „Kriminaljustiz im Westen des Reiches (15. bis 17. Jahrhundert). Resilienzprozesse am Beispiel von Hexerei- und Unzuchtsdelikten

Wolfgang Katzheimer d.Ä. (16. Jahrhundert): Verspottung Christi