| Kirche und Gesellschaft
25 Jahre AGENDA

Sichtbarer werden!

Theologinnen an Universitäten, in Forschung und Gesellschaft wollen einander bestärken und sichtbarer werden. Ihr Netzwerk „AGENDA" hat nun seinen 25. Geburtstag gefeiert.

Von Gunda Werner und Lia Alessandro

 

Das Forum katholischer Theologinnen AGENDA e.V. wurde 1998 gegründet, wächst seither kontinuierlich und hat aktuell 394 Mitglieder weltweit in zehn Ländern. AGENDA macht die wissenschaftliche Arbeit von katholischen Theologinnen sichtbar, stärkt ihre Position in Kirche und Gesellschaft und leistet Informations- und Vernetzungsarbeit (www.agenda-theologinnen-forum.de). Besonders der starke Zuwachs in den vergangenen fünf Jahren zeigt, dass Theologinnen eine starke Gemeinschaft heute mindestens so nötig brauchen wie beim Gründungsimpuls vor 25 Jahren.

Ende April hat sich das Netzwerk AGENDA, das alle zwei Jahre auch das traditionelle Hohenheimer Theologinnen-Treffen ausrichtet, zum Jubiläum, zum Rückblick und zu einer Vorschau auf die nächsten Jahre getroffen. Dabei wurde Gunda Werner, Professorin für Dogmatik an der Ruhr-Universität Bochum und seit 2019 AGENDA-Vorsitzende, im Amt wiedergewählt. Sie sagt: „Ich freue mich, dass Frauen aus universitärer Forschung sowie Theologinnen, die in Kirche und Gesellschaft tätig sind, hier zusammenarbeiten und in ihrem Anspruch auf Sichtbarkeit und Gleichberechtigung nicht nachlassen.“

Sabine Schößler, Geschäftsführerin der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus, wurde zur zweiten Vorsitzenden gewählt. Schößler, die AGENDA seit 2019 im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) vertritt, betont: „AGENDA-Frauen engagieren sich an vielen Stellen in Kirche und Gesellschaft, auch im neuen Synodalen Ausschuss. AGENDA will auch künftig die Stimmen dieser kompetenten Theologinnen verstärken.“

Noch nicht eingelöste Ansprüche

Im Rahmen des 16. Hohenheimer Theologinnen-Treffens vom 21. bis zum 23.04.2023 in der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart blickte AGENDA auf die eigene 25-jährige Geschichte zurück. 1998 gab es erstmals Frauen im Mittelbau katholischer Fakultäten. Es war existenziell wichtig, voneinander zu wissen, sich gegenseitig zu bestärken und selbstverständlich auch Anspruch auf Professuren zu erheben.

„AGENDA wurde gegründet, um Frauen auf dem Weg zu einem Lehrstuhl an einer theologischen Fakultät zu unterstützen“ erklärt Gründungsfrau Dagmar Mensink, heute Referentin in der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz. Mitstreiterin Sabine Demel, Professorin an der Universität Regensburg, ergänzt: „Unser Gründungsimpuls war die Forderung nach nachvollziehbaren Kriterien und transparenten Verfahren bei der Erteilung des Nihil Obstat, der kirchlichen Unbedenklichkeitserklärung vor der Berufung auf einen theologischen Lehrstuhl. Dieser Anspruch ist auch nach 25 Jahren noch immer nicht eingelöst und bleibt eine wesentliche Forderung von AGENDA.“

Heute ist nahezu jede Professorin für katholische Theologie in einer Fakultät oder einem Institut auch Mitglied bei AGENDA. „Den Erfolg von AGENDA kann man auch daran ablesen, dass wir heute in unserer wissenschaftlichen Arbeit aus Publikationen von Theologinnen zitieren können“, sagt die Promovendin Sarah Delere. Delere hat vor vier Jahren die JUNGE AGENDA ins Leben gerufen, in der sich vor allem theologische Nachwuchswissenschaftlerinnen vernetzen und die selbst mittlerweile fast hundert Mitglieder zählt. Delere wurde bei dem Hohenheimer Treffen zur Sprecherin der JUNGEN AGENDA gewählt.

Viola Kohlberger, Mitglied der JUNGEN AGENDA, sieht sich permanent herausgefordert zu begründen, warum sie als Frau in der katholischen Kirche agiert. Sie beschreibt ihre Motivation zur Mitarbeit im Netzwerk so: „Hier komme ich mit jungen Frauen zusammen, die meinen queerfeministischen Blick auf Theologie teilen.“ Gegenseitige Ermutigung sei weiterhin sehr wichtig. Noch immer werde ihr empfohlen, kritische Überzeugungen nicht öffentlich zu äußern, um die wissenschaftliche Karriere an der theologischen Fakultät nicht zu gefährden. Gunda Werner hat eine klare Vision: „Ich würde mir wünschen, dass unsere Nachfolgerinnen diese Diskussionen nicht mehr führen müssen.“

Ein Schutz- und Solidaritätsraum

Die JUNGE AGENDA  will ihrem Selbstverständnis nach Schutz- und Solidaritätsraum für Theologinnen (FLINTA) in der Qualifikations- und Berufseinstiegsphase sein. Wichtig sei es, so schreibt Lia Alessandro als Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit, Brücken zwischen Hierarchiestufen und Generationen zu bauen. Auch müssten sich Theolog:innen in Wissenschaft, Kirche und Gesellschaft einbringen.

In der Tagungs-Rückschau der JUNGEN AGENDA heißt es weiter: „Sicherlich haben die meisten von uns ihre Entscheidung, Theologie zu studieren, nicht nur aufgrund vorher kalkulierter Karrierechancen oder fester beruflicher Aussichten getroffen. Viele sind sich bewusst, dass die Umstände einer wissenschaftlichen Laufbahn abschreckend wirken können. Das Interesse fürs Fach - (katholische) Theologie - und die Aussicht auf ein zu vielem befähigendes geisteswissenschaftliches Studium, das kritisches Denken lehrt, standen im Vordergrund. Während und nach dem theologischen Studium müssen sich dann gerade Frauen (FLINTA) besonders durchsetzen, um erfolgreich zu sein. Auch das qualifiziert sicher für den Arbeitsmarkt – wobei wir bemüht sind, die strukturellen Ungleichheiten in Theologie und Kirche zu beseitigen. Wir teilen die Ziele von AGENDA, die (wissenschaftliche) Arbeit von Theologinnen sichtbar zu machen, ihre Situation in Kirche und Gesellschaft zu verbessern und ihre Interessen zu vertreten.“

Die JUNGE AGENDA resümiert: „Aus dem Hohenheimer Theologinnentreffen sind wir bestärkt und beschwingt herausgegangen. Wir haben viel Rückhalt seitens der AGENDA erfahren dürfen, deren Mitglieder sich teilweise schon seit Jahrzehnten für die Gleichberechtigung von Theologinnen einsetzen, Vorkämpferinnen und Vorbilder sind. Gemeinsam haben wir auf 25 Jahre AGENDA und damit 25 Jahre Emanzipationsgeschichte zurückgeblickt und uns über den Ist-Stand in Sachen Geschlechtergerechtigkeit ausgetauscht. Diesen Schwung nehmen wir nun mit für unseren Einsatz für Gleichberechtigung und Chancengleichheit in Theologie und Kirche.“

Weitere Berichte:

https://www.katholisch.de/artikel/44701-25-jahre-agenda-theologinnen-wollen-sichtbarer-sein-in-kirche

https://www.katholisch.de/artikel/44623-theologin-es-gibt-eine-strukturelle-benachteiligung-von-frauen

Literaturhinweis: Zur Lage des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Katholischen Kirche - Studie erstellt unter der Leitung von Prof. Bernhard Emunds, Stand 2022.

 

 

 

Das Team der JUNGEN AGENDA