| Newsletter 2024 Juli
Nachwuchsnetzwerk Dogmatik & Fundamentaltheologie

Wie sprachfähig ist die Theologie?

Welche Sprache spricht die Theologie? Wie sprechen die, die sie vertreten? Was hat das mit Popkultur zu tun? Ein Treffen junger Wissenschaftler:innen.

Von Matija Vudjan

Welche Sprache spricht die Theologie? An welche inhaltlichen Vorgaben ist sie in ihrer Sprache gebunden? Ist sie sprachfähig – im Hinblick auf andere Wissenschaften wie auch im Hinblick auf die binnenkirchliche und gesamtgesellschaftliche Öffentlichkeit? Und was hat das alles mit mir als Theologin und als Theologe zu tun? Etwa 40 Promovierende sowie Habilitierende in Systematischer Theologie aus dem gesamten deutschen Sprachraum kamen vom 3.–5. April in Stuttgart zusammen, um diese und viele weitere Fragen im Rahmen der zehnten Jahrestagung des Nachwuchsnetzwerks Dogmatik & Fundamentaltheologie unter dem Titel „Wir müssen reden. Religiöse und theologische Sprache im Fokus“ gemeinsam zu diskutieren.

Mehrere Annäherungen an das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven prägten die Tagung: Den Aufschlag machte Elisabeth Loos (Halle/Saale) mit einer wissenschaftstheoretischen Untersuchung, in der sie der Frage nach den Übersetzungsmöglichkeiten zwischen der Theologie und den empirischen Wissenschaften angesichts der fortschreitenden intradisziplinären Fragmentierungen nachging. Paula Schütze (Dortmund), Jacob Hesse (Bochum) und Markus Pelzmann (Tübingen) diskutierten Chancen und Grenzen theologischer Metaphorik. Paula Schütze entfaltete eine „Theologie mit der Metapher“, die wesentlich davon geprägt ist, dass sie Metaphern nicht als theologisches Instrument wahrnimmt, sondern sie vielmehr zu ihrem Paradigma macht.

Popkultur stiefmütterlich behandelt

Jacob Hesse ging auf verschiedene Versuche ein, die begrifflich ungenaue Rede von Gott durch metaphorische Rede zu präzisieren; dabei setzte er sich insbesondere mit Positionen auseinander, die Metaphern durch weitere Metaphern ergänzen möchten, oder aber mit jenen, die Metaphern durch wörtlich verstandene wahre Aussagen über Gott präzisieren. Markus Pelzmann stellte heraus, dass gerade die mystischen Texte des Mittelalters changieren zwischen der je persönlichen Erfahrung des Transzendenten und dem Versuch, diese Erfahrung adäquat zur Sprache zu bringen. Bezugspunkt war hier insbesondere Gertrud von Helfta.

Übersetzungsleistungen braucht es nicht nur im Hinblick auf (theologische) Metaphern. Oscar Cuypers-Parsch (Bochum) problematisierte in seinem Beitrag, dass systematische Theologie, wenn sie Gesprächspartner:innen im Bereich des Kulturellen suche, die Popkultur nur stiefmütterlich behandle. Dabei habe gerade Popkultur einen relevanten Sitz im Leben, stelle sie doch für die meisten Menschen die kulturelle und ästhetische Größe dar, mit der sie am häufigsten Kontakt haben. Es bestehe also die Notwendigkeit eines Dialogs, der zumal die Popkultur nicht als defizitär betrachten dürfe.

Zentrale Glaubensbegriff und zeitgebundene Vorstellungen davon

Stephan Tautz entwarf im Ausgang an liturgiewissenschaftliche Beschäftigungen mit der Mystagogie das Konzept einer „systematischen Theologie als Mystagogie“. Diese biete unter anderem Chancen für die Plausibilisierung der Rede von Gott in einer individualisierten und fragmentierten spätmodernen Gesellschaft – vor allem im Hinblick auf die sprachliche Vermittlung und diskursive Absicherung (vorsprachlicher) Gotteserfahrungen.

Zuletzt warf Johannes Frenz (Münster) einen Blick auf binnentheologische Begriffsbestimmungen: Am Beispiel des Parusiebegriffs unterbreitete er einen Vorschlag, wie zentrale Glaubensbegriffe unabhängig von kontextuellen und zeitgebundenen Vorstellungen verstanden werden können.

Lesbarkeit als Qualitätskriterium für wissenschaftliche Texte?

Dass die Beschäftigung mit dem Zusammenhang von Theologie und Sprache nicht nur inhaltlicher Natur ist, sondern praktische Relevanz hat, wurde in (mindestens) zwei Programmpunkten deutlich: Agnes Slunitschek (Würzburg) beleuchtete in einem Workshop die Wissenschaftssprache der Theologie: Für wen schreiben Theolog:innen eigentlich? Muss theologische Sprache notwendigerweise besonders intellektuell klingen? Was macht einen gut lesbaren wissenschaftlichen Text aus – und ist Lesbarkeit wiederum ein Qualitätskriterium für wissenschaftliche Texte?

Dass all diese Fragen nicht ortlos sind, sondern einen ganz konkreten (und für die Theologie prekären!) Sitz im Leben haben, wurde in einem Podiumsgespräch mit Georg Moser, Pressesprecher der Diözese Rottenburg-Stuttgart, und Eberhard Wein, Redakteur der Stuttgarter Zeitung, deutlich: Laut Georg Moser besteht die Pressestelle der Diözese ausschließlich aus Nicht-Theolog:innen – worüber er nicht unglücklich sei. Und Eberhard Wein bekundete, dass er als Journalist (und ebenfalls Nicht-Theologe) immer häufiger die Aufgabe übernehme, in Artikeln Glaubensthemen niederschwellig und leicht verständlich aufzubereiten.

Nach drei intensiven Tagen der Beschäftigung mit Theologie und Sprache bleibt das Learning: Sprache ist eine bleibende Herausforderung für die Theologie – aber ebenso sind es unsere eigene theologische Sprache und unsere Verständlichkeit.

Das Nachwuchsnetzwerk Dogmatik und Fundamentaltheologie bildet als fachwissenschaftliches und berufsbezogenes Netzwerk angehender Fundamentaltheolog:innen und Dogmatiker:innen ein interdisziplinäres Dialogforum besonders für Nachwuchswissenschaftler:innen. Die jährlich in Stuttgart stattfindenden Symposien dienen dem Austausch von Ideen, der Vorstellung eigener Projekte und dem wissenschaftlichen sowie dem hochschulpolitischen Diskurs. Das Netzwerk ist über die Webseite https://www.katholische-theologie.info/zusammenschl%C3%BCsse/selbstdarstellungen-der-zusammenschl%C3%BCsse/nachwuchsnetzwerk-dogmatik-und-fundamentaltheologie sowie über folgende Email-Adresse zu erreichen: netzwerk.dogmatik-fundamentaltheologie@outlook.de